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Rand

R

and- kaum ein anderes Wort wird in Kratas mit so viel Ehrfurcht und Zittern in der Stimme ausgesprochen. Der Stadtteil liegt am äußersten Südzipfel der Zitadelle und ist Heimat der Namensgeber, die von den anderen Kratraern nur die Entlegenen' genannt werden.

Ich selbst werde nie meinen ersten Besuch dort vergessen. Uigtar hatte mir geraten, einen weiten Kapuzenumhang zu tragen, der mein Gesicht verdecken würde- eigentlich eine gute Wahl für jeden Stadtteil Kratas. Doch als ich durch die enge Gasse schritt und mir die ersten Entlegenen begegneten, wußte ich, daß er mir nicht helfen würde. Sie sahen mich an und wußten, daß ich nicht zu ihnen gehörte.

Ich blickte in das Gesicht eines Mannes, dessen Züge nicht mehr die eines Menschen waren. Sie wirkten, als hätte wären sie unter der Hitze eines unirdischen Feuers geschmolzen und wären an völlig falscher Stelle wieder zu Fleisch erstarrt. Das linke Auge hing fast auf der Höhe des Unterkiefers, während der rechte Mundwinkel sich fast bis zum Ohr erstreckte. Der Mann - das Wesen - verharrte einen Moment in seiner Bewegung, fuhr dann aber fort, die Straße zu fegen. Für eine kurzen Moment sah ich seine verkrüppelten Hände unter dem langen Leinengewand hervorkommen. Etliche der Finger waren zusammengewachsen.

Ich senkte meinen Kopf, doch mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich mußte mich auf jeden meiner Schritte konzentrieren, um nicht ins straucheln zu kommen. Zwei Frauen, kamen die Gasse hinunter auf mich zu, doch ehe sie meinen Weg kreuzten blieben sie stehen, und begannen zu tuscheln. Die linke von ihnen, ein junges Elfenmädchen, das einmal wunderschön gewesen sein mußte, trug ein schlichtes Kleid, das aussah, als wäre es in frisches Blut getaucht worden. Der Vergleich war nicht weit hergeholt, als ich bemerkte, daß Gesicht und Körper von tiefen Schnittwunden übersäht waren, die unaufhörlich Blut näßten. Die andere, eine alte Frau mit schlohweißem Haar, schien auf den ersten Blick unversehrt, doch dann sah ich dunklen Rauch und haarfeine Blitze über ihre Haut huschen. Die jüngere schien jeden körperlichen Kontakt mit der Alten peinlich zu vermeiden, so als hätte auch die kleinste Berührung unsägliche Folgen für beide. Ich vermag den Schrecken kaum in Worte zu fassen, den ich an diesem und drei folgenden Tagen in Rand sah. In jeder Nacht verfolgten mich schreckliche Alpträume und hätte der gute Uigtar mir nicht Abend für Abend bei einem starken Branntwein gut zugeredet, hätte ich einen Teil meines Verstandes an diesem Ort gelassen.

Noch immer scheine sich Feder und Tinte gegen die Worte zu streben, die ich gerade niederschreibe, doch ich muß von den Entlegenen berichten - denn so furchtbar ihr Leid ist, so beachtlich ist das, was sie in Kratas erreicht haben.

Die Entlegenen gehören zu den außergewöhnlichen Namensgebern, die eine Begegnung mit den furchtbarsten Dämonen lebendig, aber nicht siegreich, überstanden haben. Die meisten von ihnen tragen deutliche Dämonenspuren, die von furchtbaren Ritualen und Opferzeremonien zeugen und sie zu Aussätzigen und Heimatlosen in ganz Barsaive machen. Es ist verständlich, daß viele Barsaiver glauben, wer solche Qual überstehen kann, hat auf irgendeine Weise einen Handel mit jenen schrecklichen Kreaturen geschlossen, die für das Leid verantwortlich sind.

Nun haben sie, meist auf der Flucht vor Verfolgung und Tod, ausgerechnet in Kratas eine Heimat gefunden. Scheinbar weiß der Magistrat um die unschätzbar wertvollen Informationen über die Dämonen, die die Entlegenen durch ihre Erfahrungen gesammelt haben, und läßt sie relativ ungestört gewähren. Gegen Almosen, Nahrung oder sonstige Unterstützung sind sie manchmal bereit, ihr Wissen mit anderen zu teilen. In den Reihen der Entlegenen gibt es auch viele Adepten, doch nicht wenige haben angesichts der Schrecken, die sie erdulden mußten, den Pfad ihrer Disziplin verloren und verschließen sich vor der Welt.

Obwohl in Kratas viele Dinge anders laufen, ist man auch hier weit davon entfernt, die Entlegenen als Bürger anzuerkennen. Sie leben abgesondert, unter der ständigen Beobachtung der Macht des Auges. Es ist ihnen nicht gestattet, Rand zu verlassen, aber eigentlich will das auch keiner von ihnen. Ich glaube, sie sind sich der Gefahr, die sie ausstrahlen weit bewußter, als wir und vermeiden Kontakte mit der Außenwelt.

Seit ihnen ein eigener Stadtteil zugesprochen wurde, haben die Entlegenen eine kleine, verschworene Gemeinschaft gebildet, in der jeder nach Kräften den anderen unterstützt. Sie haben sogar einen Sprecher aus ihrer Mitte gewählt, der die Interessen der Gemeinde nach außen vertritt: der Elf Raehlacain, einer der wenigen Entlegenen, die sowohl geistig als auch körperlich einigermaßen unversehrt sind. In der Tat war er es, der mich nach Rand eingeladen hatte, und mit dem ich während der drei Tage viele Gedanken austauschte.

Hintergrundinformationen
Manche Bewohner von Rand zeigen lediglich äußerliche Spuren von Dämonen. Sie haben die Dämonenkraft "Häuten" (siehe EARTHDAWN - Grundregelbuch Seite 305) oder andere fürchterliche Rituale überlebt und sind auf ewig auf schrecklichste entstellt. Andere trugen jahrelang einen Dämon in sich - einige konnten ihn vertreiben, andere wurden aus unerklärlichen Gründen verschont. Viele dieser beklagenswerten Gestalten haben durch diese Tortur bleibenden geistigen Schaden genommen. Manche Dämonenopfer erscheinen äußerlich und in der sozialen Interaktion mit anderen Namensgebern völlig normal. Jedoch können unvorsichtige Charaktere durch unüberlegte Worte oder Handlungen Erinnerungen an ihre Vergangenheit hervorrufen und sie in einen Anfall stürzen. Als typische Symptome ihres Wahns könnten auftreten:
  • Störungen der Wahrnehmung. So scheinen manche an
Licht- und Farbüberempfindlichkeit zu leiden. Viele sehen Gesichter oder Figuren seltsam verzerrt.
  • Wieder andere können Gesprächen kaum folgen und richten
ihre Aufmerksamkeit auf alles, was sie in ihrer Umgebung ablenkt.
  • Manche leiden an Größenwahn und übersteigerten
Selbstwertgefühl.
  • Ungewöhnlich redselig bis unaufhörlich redend.
  • Angstattacken, in denen das Opfer das unmittelbare Gefühl
hat, auf der Stelle sterben zu müssen.
  • Extreme Schuldgefühle, teils mit realem Hintergrund oder
nur durch den Dämon geweckt.

Diese kurze Ausführung soll natürlich nur Anhaltspunkte für den Spielleiter liefern. Kombinationen aus diesen oder ganz andere Ausprägungen der überwundenen Besessenheit sind ebensogut denkbar.





letzte Änderung 19-Jun-2007 20:32:54 CEST von unknown.



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