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Heimkehr Nach Garoje

Autor: Dradon


Es ist schwül im Wald und trotz nachlassendem Regen plätschert es von den Blättern regelrecht so, wie vorher das Wasser vom Himmel fiel. Harwin habe ich zurückgelassen sowie die Hälfte meines Gepäcks und meine Laute, die nach diesem Wetter wohl zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Er stand unter einem Bann, der ihn auf ein riesiges Schiff im Hafen zu steuern ließ, mit dem kleinen Paddelboot, das uns eigentlich aus der Stadt herausbringen sollte. Ich sprang in letzter Sekunde von Bord und konnte mich mit der wenigen Kraft, die ich noch aufbringen konnte, ans Ufer schleppen. Völlig durchnässt ließ ich mich von der Strömung weiter flussabwärts treiben, um dann meiner Sicherheit bewusst hinaufzuklettern und im Gebüsch Unterschlupf zu suchen. Ich blieb erschöpft liegen. Es schien ein halber Tag an mir vorbei zu gehen, bis ich aus meinem Halbwach- Halbschlafzustand erwachte. In immer noch feuchten Klamotten sortierte ich alles Unbrauchbare und Zerstörte zurück. Darunter auch meinen teuren Hut aus Eidolon. Mit leichtem Gepäck und ein paar Blättern, von umliegenden Sträuchern geklaubt, zwischen den Zähnen, damit mein Magen überhaupt noch etwas in sich trägt, mache ich mich auf.

Die schwüle Kälte macht sich in meinen Knochen spürbar und der leere Magen zwingt mich zur häufigen Rast. Nachts kann ich kaum schlafen und ich finde einfach keine trockenen Zweige in der überschwemmten Waldregion um ein Feuer anzuzünden. Es ist außer mir keine verlorene Seele zu entdecken und auch keine, die ihren Weg kennt. Nun ich sehe von den hellen Augen ab, die mich beobachten und mich ein ums andere mal auf einen Baum gezwungen haben.

Es ist nun drei Tage her, dass ich mich von Daiche aus aufgemacht habe und gegessen habe ich, außer ein paar Beeren (giftig oder nicht?) und Blattgrün, nicht. Dem Flusslauf entlang folge ich, jeden Sonnenstrahl nutzend um mich zu wärmen und den Schatten um mich zu verstecken, bei jedem Geräusch. Das Schwert ist rostig, die Glieder steif und die Flöte vermag ich aus Angst nicht zu spielen.

Es ist der vierte Tag am Abbrechen. Es scheint wieder glücklicher zu werden. Hier weiter südlich muss das Flussbett tiefer liegen, denn die Überschwemmungen reichen nicht ganz so weit. Ich laufe auf Trampelpfaden, die mir seltsam bekannt vorkommen. Am Nachmittag habe ich einen Hasenbau gefunden, aber keine Hasen. Wahrscheinlich sind selbst sie vor den Fluten geflohen. So heißt es blaue Beeren zum Abendbrot. Hierfür dient mir ein ganzer Strauch. Nur wüsste ich gern, was mich hier am Leben hält. Malak wüsste es sicher. Sein Buch ist meine einzige Unterhaltung, auch wenn ich nicht daraus schlauer werde.

Es ist mir jetzt einiges klarer. Der fünfte Tag brachte mir Magenkrämpfe und sehr viel Unheldenhaftes. Ich habe mich den blauen Beeren entsagt und sie verflucht. Ich konnte meine Reise dann nach 5 Stunden erschöpft weiterführen. Es war Nacht, aber irgendetwas trieb mich an. Ich kannte diesen Ort und tatsächlich. Ich war hier schon einmal. Ich fand die Schmugglerhöhle wieder, in der ich mit Kotarr einmal die Illegalen aufgefunden hatte. Whisky auf leeren Magen ist nicht das Ware, aber die trockensten Nüsse und lederhartes Trockenfleisch gaben mir endlich etwas zu kauen. Hier fand ich etwas höher gelegen ein paar unbenutzte Fässer und Stroh, das mir als Schlafplatz und Feuer dienen konnte. Ich ruhe mich für zwei Tage hier aus und saufe. Ich saufe, saufe und saufe. Trostloses Abenteurerleben.


Ich fand ein Fass voll Hurlg. Nahrhaft und mit kaum Flüssigkeit enthalten, ist es mehr wie ein alkoholisierter Brei. Ich ernähre mich nun hiervon. Ich habe die Höhle zu umgebaut, dass Eindringlinge leicht für mich aus einem Hinterhalt ausgeschaltet werden können und ich auf meinem Schlafplatz zu erst nicht ausfindig gemacht werde. Mir gefällt es in der Höhle und ich muss sagen, dass ich mir diesen Ort merke, falls ich auf einer Reise wieder hier dran vorbei komme. Es scheint mir ein geeigneter Ort für Abenteurer zu sein.

Es wird Zeit aufzubrechen. Ich lege einen runden Stein neben den Eingang, als ein Symbol der Abenteurerraststelle. Ich habe mal davon gehört, es aber noch nie selbst benutzt oder gar gesehen.

Zwei Tagesmärsche weiter südlich: Ich komme schnell voran und habe jetzt nur noch zwei Dörfer vor mir, bis nach Garoje. Ich habe mir bei einem Bauern in der Scheune einen Schlafplatz gemietet. Es scheint mir so als hätte seine Frau etwas dagegen, aber ich werde sie noch alle mit ein paar Geschichten aufheitern. Zwergenfabeln kann ich viele.

Es gab gekochte Eier und Brot. Ein wahrlich stattliches Mahl für meinen Magen. Meine Geschichten kamen dann auch bei den Kindern gut an und die Frau des Bauern klebte ebenso an meinen Lippen. Zu guter Letzt habe ich nur ein paar Flötentöne gespielt und mich verabschiedet. Ich schreibe jetzt im Licht einer Öllampe zwischen Ochsen und Kühen. Morgen früh werde ich mich beim Schneider und Schuster des Dorfes neu einkleiden. Die paar Münzen, die ich bei mir trage, scheinen großes Ansehen hier im Dorf mit sich zu bringen.


Neu eingekleidet und wieder mit den wichtigsten Dingen versorgt geht es auf den Weg Richtung Süden, nach drei Nächten. Gestern habe ich am Brunnenrand mit ein paar Dorfbewohnern Musik gemacht und allen Kindern vorm Schlafengehen noch eine Traumgeschichte erzählt. In spätestens vier Tagen Fußmarsch bin ich in Garoje angekommen, das weiß ich.

Unterwegs wanderte ich neben Händlern oder Bauern, sowie Mägden und Kindern die meiner Flöte lauschten, als hätten sie schon lange nichts so Feines gehört.


Der Staub auf der Straße wirbelte auf, als meine Füße schneller mich nicht tragen konnten und ich über den Marktplatz stürmte und mit einem Freudenschrei verkündete: Dradon ist wieder hier! Dradon ist wieder zu Haus. Es strömten gleich meine alten Freunde zu mir und die, die mich schon immer nicht leiden konnten. Darunter der neue Dorfmeister. "Für Wilderer ist kein Platz hier. Verschwinde!" So begrüßte er mich. Ich konnte dem ganzen nur ein Lächeln abgewinnen und erwiderte: "Ich werde wohl doch noch meinem Beruf nach gehen und Nachricht aus dem Norden verbreiten dürfen? Nehmt niemals einem Mann seine Arbeit, er wird euch ebenfalls etwas nehmen." Ich verlieh diesem Satz nachdruck mit dem Schwert, dass ich bei mir trug. In dieser Gegend kannte sich niemand im Umgang mit einer richtigen Waffe aus. Niemand außer mir. Bis...

"Fremder! Hee, Fremder" Es kristallisierte sich ein hochgewachsener Elf aus der Menge, die sich gebildet hatte. "Ihr droht meinem Bruder mit einer Waffe? Wisst ihr denn wie man damit umgeht? Oder seid ihr nur erfahren mit den Worten, Barde?" Er spie das letzte Wort förmlich aus und hatte sein Kurzschwert bereits gezogen. Ich wägte ab. Er war kein Candurien, aber ob er Adept war oder doch nur bluffte, war mir nicht eindeutig. Ich dachte mir, das wird ein toller Empfang in der alten Heimat, aber dass der Bruder meines Erzfeindes aus Kindestagen auch noch ein Schwertmeister war und mich ebenso aus dem Dorf heraus haben wollte, wie sein Fleisch und Blut, war nicht zu erwarten. Ich tat so als ignorierte ich den Elfen und setzte an um von Daiche zu erzählen. Doch es bildete sich plötzlich eine Gasse und Kinder wurden schnell genommen und in Häuser getragen, Türen zu geschlagen und von Innen aus verriegelt. Was ist hier nur passiert?

Drei Schritt vor mir blieb er stehen, sein Bruder ein fettes Grinsen auf dem Gesicht, er selbst den Schwertarm in meine Richtung ausgestreckt. "Ihr wollt wohl nicht hören? Fremder!" Ich wollte nicht hören stimmte, aber fremd war ich diesem Dorf doch nicht. "Ihr seid falsch informiert, werter Herr" Ich ließ eine Pause um sein Gesicht zu studieren. "Ich bin in diesem Dorf aufgewachsen und viel mehr einer von den Hiesigen, als Ihr es wohl seid."

Er zog eine Grimasse, als hätte ich ihn auf das Schlimmste beleidigt. "So zieh dein Schwert oder renn' um dein Leben, du Landstreicher! Ich habe dich gewarnt. Bei uns gibt es keine Almosen für Bettler wie Dich!" schrie er, so dass alle Leute es hören konnten, selbst in den Häusern.

"Zum Betteln bin ich nicht hergekommen. Seht mich an, ich trage ebenso feine Kleidung, wie Ihr." Ich sprach in einem ruhigen Sperethiel, mit feinster Betonung und einem gleichgültigen Ton. Ich war darauf Bedacht meinen Widersacher mit Worten zu überzeugen und den Schwertkampf nur in der Not anzuwenden. Ich prägte mir sein Gesicht und seine Stimme sehr gut ein. Darin lagen die Fähigkeiten eines Troubadours und ich war einer der strebte nach der Disziplin zu leben. "Lasst mich meinen Ziehvater besuchen. Für nur einen Tag und ich verschwinde in der Morgendämmerung." Er lachte und auch sein Bruder, der als einziger noch auf dem Platz das Geschehen mitverfolgte, lachte in einem höhnischen Ton. Ich erahnte Schlimmes.

"Verschwinde Bursche! Du hast hier nichts mehr zu suchen. Dein alter Windlingsfreund, weilt nicht mehr unter uns!" Die Welt um mich verschwamm. Mir blieben jegliche Worte im Rachen stecken. Ich brachte nur undefinierbare Laute heraus, die Tränen standen mir in den Augen und gleichzeitig machte sich ein Gefühl in meinem Bauch breit, vor dem mich mein Ziehvater immer gewarnt hatte. Ich krümmte mich erst, das Augenlicht bekam einen roten Film übergestriffen und ich sah nur noch ganz klar meinen Feind vor mir. Mein Herz pochte so laut, dass ich glaubte meine Ohren explodierten und meine Fäuste krampften sich so sehr um meinen mittlerweile gezogenen Anderthalbhänder, dass die Knöchel weiß wurden. Mein Blut kochte, mir war heiß und ich schwitzte. Die Tränen eben noch so heiß in meinen Augen waren verschwunden. Mein Geröchel ging über in einen wilden Schrei, als ich mich fallen ließ und seinen Arm von unten herauf angriff. "Leide Schmerzen!" kam aus meinem Mund in grausamen Orkisch. Ich schlug auf ihn ein in einem Orkan aus Hass. "Du Mörder!"

Er wich zurück und schrie auf als ich in mit meinem dritten Schlag an der Hüfte traf. Seine Schläge gingen gezielter auf mich hinab. So verletzte er mich an der Schulter meines Schwertarms. Ich spürte keine Schmerzen, ich fühlte nur Hass und das Verlangen ihm diesen Hass in etwas Körperliches verwandelt aufzuzwingen. Schmerzen. Er parierte, wich aus, Ich schlug und schlug, er schlug zurück. Dann traf ich sein Knie, er ging zu Boden und verlor sein Schwert. Die Hände auf das gebrochene Bein gepresst, Angst im Gesicht bettelte er mich an. Ich hörte ihn nicht. Ich hörte auch nicht den entsetzten Schrei seines Bruders. Mein Rachedurst ließ nach. Ich wollte ihn nicht töten, aber mein Schwert ging nieder auf sein anderes Knie. Knochen brach, Blut spritze und ich drehte mich um, hob sein Schwert auf und ging.

Die Welt um mich herum nahm die normale Gestalt erst wieder an, als ich die paar Hundert Meter vom Dorf entfernt die in Asche liegenden Überreste der Holzhütte unter den Bäumen fand und die heißen Tränen wieder zu mir fanden.

Ich blieb dort für einige Stunden und wühlte in den Trümmern und weinte. Es ist nicht fair.

Ihr blättert weiter, so gelangt ihr zum Kapitel Tskranggesang.





letzte Änderung 02-Jun-2010 12:29:21 CEST von Dradon.



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